Ein zauberhafter Abend mit den Boston Pops

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Die Boston Pops sind ein Bostoner Orchester, das "leichte" klassische Musik spielt. Das Orchester erfreut sich grosser Beliebtheit und internationaler Bekanntheit. Mit anderen Worten, man musste es einmal gesehen haben. "Man" in diesem Fall waren wir, drei Kollegen die klassische Musik mögen. Einer von uns wird demnächst nach Deutschland zurückkehren, so dass er einen Besuch bei den Boston Pops zu seinem krönenden Abschlussprogramm rechnete. Niemand von uns war allerdings jemals bei einer solchen Veranstaltung gewesen. Wir lagen soweit richtig, dass sie ohne weiteres zu einem erinnerungsträchtigen Erlebnis werden würde.

Das Konzert war in der Bostoner Symphony Hall, der primären Bostoner Musikhalle. Wir wurden vom Personal auch gleich an unseren Tisch geführt. Ja genau, Tisch. Noch genauer: Tisch, von dem Bier triefte. Leicht verwundert bestellten wir also ein Bier und Sandwich und harrten der Dinge, die auf uns zukommen würden.

Im ersten Teil wurden drei leichte Stücke gespielt, eines von Dvorak, eines von Offenbach und ein drittes, dass ich schnell wieder vergessen habe. Dass Offenbach-Stück war Orpheus in der Unterwelt, welches auch jene berühmte Sequenz enthält, die gemeinhin den Cancan identifiziert. Zuerst zu meinem Amüsement und dann zu meiner Beunruhigung fing der vor mir sitzende 200kg Koloss mit dem Fuss an zu stampfen und dann mit den Haenden zu dirigieren. Da ich hinter ihm sass, war ich aber ausser Gefahr.

Nach der Pause kam dann der als "schwergewichtiger" angekündigte Teil des Abends, was wohl heissen sollte, dass er als künstlerisch anspruchsvoller zu gelten hatte. Mit grosser Geste führte der Dirigent eine Sängerin ein, die seiner Aussage nach alles singen könnte. Klassisch, Jazz, oder Pop mache da keinen Unterschied. Tatsächlich sang die Künstlerin dann auch alles mögliche, irgendwie. Besondere Freude bereitete es dabei dem Dirigenten, sein Orchester gelegentlich allein vor sich hin spielen zu lassen, und die vortragende Künstlerin am Klavier zu begleiten. Ein wahres Multitalent!

Nach der zweiten Pause wurde dann mit Gershwin's "An American in Paris" noch einmal schmissig zugelangt. Die Halle kochte jedenfalls vor Begeisterung. Zum krönenden Abschluss wurde dann sogar zum Tanz gebeten. Zu den Klängen von Ricky Martin's "Livin La Vida Loca", in der Interpretation des Boston Pops Orchesters, tobten dann die Konzertbesucher auf der Tanzfläche. Da behaupte noch jemand, die Bostoner Bevölkerung sei konservativ und neuen Dingen gegenüber nicht aufgeschlossen!

Wenn jetzt jemand meint, hier einen zynischen Unterton aus meinem Bericht herauszuhöeren, so hat er nicht ganz unrecht. Erwartet hatte ich jedenfalls nichts derartiges. Mit der richtigen Erwartungshaltung hätte ich vielleicht auch weniger gelacht und (auf andere Art und Weise) mehr genossen. Ricky Martin jedenfalls ist mir immer noch im Ohr.

Copyright (©) 2007 Dirk Riehle. Some rights reserved. (Creative Commons License BY-NC-SA.) Original Web Location: http://www.riehle.org